Atomlobby knebelt WHO - Demonstration bei „Ost-West“-Konferenz

Presseerklärung, am 28. Mai 2009

Ärztekammer und Umweltorganisationen:
Atomlobby knebelt WHO - Demonstration bei „Ost-West“-Konferenz

Auf den Tag genau vor 50 Jahren wurde ein Abkommen zwischen der Internationalen Atomenergie-organisation (IAEO) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterzeichnet. Dieses verpflichtet die beiden UN-Organisationen, vor der Durchführung einschlägiger Programme und Tätigkeiten „von bedeutendem Interesse für die andere Partei“ zur „Regelung der Frage im gegenseitigen Einvernehmen“. Dies klinge scheinbar neutral. Praktisch jedoch wirke sich dies aus, so Dr. Klaus Renoldner, Präsident des österreichischen Zweigs der Internationalen ÄrtzInnen für die Verhütung eines Atomkriegs (IPPNW), „wie wenn die Weltgesundheitsorganisation einen ähnlichen Vertrag mit der Tabakindustrie hätte: nur hinter der einen Seite stehen massive materielle und Machtinteressen.“

Ablauf der Aktion (beachten Sie auch die Informationen im Downloadbereich rechts!):

Ab 8:00 - Demonstration vor der internationalen Konferenz „Geteilt / geeint – 1989-2009“
des österreichischen Außenministeriums in der Hofburg, Eingang Josefsplatz 3.  – Unter dem Motto:
„1959-2009 – 50 Jahre sind genug: Unabhängigkeit der WHO von den Atom-Promotern!“  
(m. Transparenten englisch/deutsch & einer gewissen Inszenierung…)

10:30 - Pressekonferenz „Atomlobby knebelt WHO seit 50 Jahren – Atomgegner fordern österreichische Initiative“.  
-Prof.Dr. Michel FERNEX, emeritierter Professor für Interne Medizin an der Universität Basel, Vizepräsident von IPPNW-Schweiz (Ärzte zur Verhütung eines Atomkriegs), Collectif Independent WHO, Genf;
-Doz. Dr. Hanns MOSHAMMER, ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt (AGU);
-Dr. Klaus RENOLDNER (OMEGA / IPPNW-Austria);
-Dr. Gerd OBERFELD, Umweltmedizin-Referent der Österr. Ärztekammer;
-Mag. Heinz STOCKINGER, Vorsitzender der Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE), Salzburg.

Ort:  „Strandbar Hermann“, Herrmannpark am Donaukanal bei der Urania, 1030 Wien
(Lageplan: http://www.strandbarherrmann.at/?page_id=4)

12:30 - Gespräch mit BM für Gesundheit Alois STÖGER, im Ministerium mit der gleichen Besetzung wie PK.

Ab ca. 13.15 Uhr stehen Ihnen die Ansprechpersonen und Prof.Dr. Fernex für Information zum Gespräch mit Minister Stöger bzw generell für Einzelgespräche zur Verfügung („Strandbar“ oder tel. Vereinbarung).

Statements:

Prof. Dr.med. Michel Fernex, Vorstandsmitglied von IPPNW Schweiz, der jahrelang teils in leitender Position an WHO-Programmen mitgearbeitet hat, beklagt: „Das 1959 unterzeichnete Abkommen (WHA 12-40) ist ein Hindernis für die WHO: Deshalb fehlen Studien über die Auswirkungen chronischer sogenannter Niedrigstrahlung, insbesondere interner Dauerbestrahlung nach Aufnahme in bestimmte Organe. Diese kann u.a. zu genetischen Schäden wie Missbildungen und Krebs, auch bei Kleinkindern, führen, sowie zu neurologischen, endokrinologischen und immunologischen Leiden. Nach der Tschernobyl-Katastrophe wirkte sich die mangelnde Präsenz und Unabhängigkeit der WHO besonders dramatisch aus.“

Nachdem die Initiative „For an Independent WHO“ daher seit dem Tschernobyl-Tag 2007 an jedem Werktag Mahnwache vor dem Sitz der WHO in Genf hält, machen nun österreichische Umwelt- und Atomgegnerorganisationen auch hierzulande gegen das Abkommen mobil. Zu dessen 50. Jahrestag demonstrierten ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt (AGU), OMEGA/IPPNW Austria, Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE) und Wiener Plattform für eine atomkraftfreie Zukunft vor der Konferenz, mit der gestern in der Hofburg des Falls des Eisernen Vorhangs vor 20 Jahren gedacht wurde. „Denn Ost- und Westeuropa wurden von Tschernobyl heimgesucht, die kontinentale radioaktive Wolke kannte von vornherein keine Ost-West-Grenze, zur objektiven Aufarbeitung der Folgen wäre eine unabhängige WHO auch heute noch bitter nötig“, begründet PLAGE-Sprecher Heinz Stockinger Zeitpunkt und Ort der Aktion.

Für Dr. Gerd Oberfeld, Referent für Umweltmedizin der Österreichischen Ärztekammer, ist dieser Vertrag eine offensichtliche Beeinflussung der freien Meinungsäußerung der WHO. „Die ÖÄK hatte im Bereich Feinstaub eine intensive und sehr fruchtbare Zusammenarbeit  mit der WHO. Völlig anders handelt die WHO im Strahlenbereich, egal ob Radioaktivität oder Elektrosmog von Stromleitungen oder Mobilfunk - hier zeigt sich die WHO nicht gerade als Hüterin der Gesundheit der Menschen.“ Die Österreichische Ärztekammer fordert neben einer umgehenden Auflösung des Vertrages zwischen IAEO und WHO „eine transparente Untersuchung über den Einfluss der Atomindustrie sowie der Strom- und Mobilfunkindustrie auf die WHO unter Beteilung der Öffentlichkeit und der facheinschlägigen NGOs.“

Für die AGU betont Dr. Hanns Moshammer die Verantwortung der Regierungen und Parlamente: „Österreich hätte die Möglichkeit, dieses für Strahlenforschung und Hilfe bei Atomunfällen äußerst problematische Abkommen auf der jährlichen Weltgesundheitsversamlung der WHO auf die Tagesordnung zu bringen.“ Diese Forderung haben die NGOs gestern auch Gesundheits-minister Alois Stöger vorgetragen. Erfreut zeigen sich alle beteiligten Gruppierungen darüber, dass der NR-Abgeordnete Johann Maier (SPÖ) die Frage der überfälligen Revision des IAEO-WHO-Abkommens mit einer Anfrage an Gesundheits- und Umweltminister bereits auf die parlamentarische Ebene gehoben hat.

Dr.med. Gerd Oberfeld, Öst. Ärztekammer (ÖÄK), 0662-8042-2969
Dr.med. Hanns Moshammer, ÄrztInnen für eine gesunde Umwelt (AGU), 01-4277-64711
Dr.med. Klaus Renoldner, Öst. MedizinerInnen gegen Gewalt und Atomgefahren (OMEGA/IPPNW Austria)
Mag. Johanna Nekowitsch, Wiener Plattform für eine atomkraftfreie Zukunft
Thomas Neff, Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE), 0662-643567
Mag. Heinz Stockinger, Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE), 0662-643567