Nationalratswahl 2017 

Entscheidungshilfe für österreichische WählerInnen: wie positionieren sich sieben der bundesweit antretenden Parteien in Bezug auf Atompolitik? 

Wir haben nachgefragt. 

EUAUS, FPÖ, GRÜNE, KPÖ PLUS, NEOS, ÖVP und SPÖ haben geantwortet. 

Im Hinblick auf das Einfordern grenzüberschreitender Umweltverträglichkeitsprüfungen und das Verhindern einer „europäischen Atombombe“ herrscht weitgehend Konsens. Die Positionen [1] scheiden sich hingegen an einem zentralen zukunftsbestimmenden Thema, das nicht zuletzt im Zuge der BREXIT-Verhandlungen und der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft 2018 erneut in den politischen Fokus gerät: der Umgang mit dem EURATOM-Vertrag.   

Der EURATOM-Vertrag ist einer der Gründungsverträge der Europäischen Union und stammt aus dem Jahr 1957. Das Vertragswerk begründet die Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM), die den "Aufbau einer mächtigen Kernindustrie" zum Ziel hat. EURATOM legitimiert ein Netz an Institutionen [2], veranlasst EU-Sekundärrecht und sichert Kreditmittel sowie Forschungsförderungen für Nuklearprojekte. Trotz aller sonstigen Reformprozesse der EU sichert der bis heute unveränderte EURATOM-Vertrag der Atomindustrie auf europäischer Ebene Privilegien in Milliardenhöhe.  

Österreichs EURATOM Beitrag – wie viele Millionen für Atom?

Während GRÜNE, FPÖ, KPÖ PLUS und EUAUS jährlich von mindestens 40 Millionen Euro ausgehen, rechnen die NEOS für die Periode 2014-2018 mit einem österreichischen Anteil von rund 100 Millionen pro Jahr. Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP halten daran fest, dass man Österreichs EURATOM-Ausgaben aus dem EU-Budget einfach nicht herausrechnen könne. 

Was tun mit dem energiepolitischen Fossil EURATOM?

EUAUS, FPÖ und KPÖ PLUS setzen sich entschieden für einen unverzüglichen Austritt Österreichs aus EURATOM ein. GRÜNE, ÖVP und SPÖ halten das Vertragswerk für reformbedürftig. Die GRÜNEN setzen sich für eine Auflösung von EURATOM oder den „Umbau in eine Forschungsgemeinschaft für Energiewende und für die Stilllegung und Endlagerung der Atomreaktoren in der EU“ ein: „Im Gegensatz zu 1957 ist heute klar, dass die [atomaren] Risiken vielfach höher als gedacht sind, die Entsorgung des Atommülls nach wie vor ungeklärt und der Neubau völlig unwirtschaftlich sind.“. Die SPÖ favorisiert im Hinblick auf vermeintliche Mitgestaltungsmöglichkeiten eine Vertragsrevisionskonferenz, während es der ÖVP bei einer Reform von EURATOM um die Eliminierung des Förderzwecks für Atomenergie, den Ausbau des Schutzzwecks und um die Demokratisierung von Entscheidungsprozessen geht. Lediglich die NEOS halten an EURATOM als "wesentlichem Instrument" der koordinierten Sicherung von Reaktoren in der bisherigen Form fest. 

Positionen zu ITER und einer EU-Atomstreitmacht

EUAUS, FPÖ, GRÜNE und KPÖ PLUS sprechen sich für die Einstellung des Kernfusionsprojektes ITER aus. ÖVP und SPÖ lassen diesbezüglich keine klare Position erkennen. Die NEOS unterstützen die europäische Großforschungsanlage ausdrücklich und sehen darin keinen Widerspruch zur Energieforschung im Erneuerbare-Energien Bereich. Alle sieben Parteien lehnen die Entwicklung einer „europäischen Atombombe“ ab. FPÖ Spitzenkandidat Strache hielt allerdings in einem Interview in "Die Presse" Anfang des Jahres eine gemeinsame EU-Atombewaffnung für erforderlich. 

Machen Sie sich selbst ein Bild von den atompolitischen Positionen der Parteien!

Sie finden alle Antworten zu den fünf Themenkomplexen im unten stehenden Downloadbereich als pdf.

Wir wünschen eine informierte Wahlentscheidung! 


[1] Der atompolitische Fragen- und Forderungskatalog wurde von der Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE), dem Anti Atom Komitee Freistadt, der Wiener Plattform Atomkraftfrei, dem Waldviertler Energiestammtisch und dem Verein Sonne und Freiheit erstellt. Er umfasst insgesamt fünf Themenkomplexe (Stromkennzeichnung – Handel mit Zertifikaten; Sicherheit bei Laufzeitverlängerungen; EURATOM; ITER; EU-Atomstreitmacht). 

[2] Wie beispielsweise die Europäische Versorgungsagentur für Kernbrennstoffe.