Mehr als nur ein Tropfen auf dem heißen Stein: unsere Mitmach-Aktion!

Grüne EU-Taxonomie ohne Atomenergie!

Fotocredit: Bild von Arek Socha auf pixabay.com

Die Europäische Union hat sich mit einer EU-Taxonomie-Verordnung zum Ziel gemacht, ein „grünes“ Gütesiegel für Finanzprodukte und Investitionen zu schaffen. Wirtschaftstätigkeiten lassen sich so anhand ihrer ökologischen Nachhaltigkeit einstufen. 

Nun geht es an die Umsetzung! Bis zum 31. Dezember 2020 sollen von der Europäischen Kommission technische Bewertungskriterien zu den beiden ersten Umweltzielen (Klimaschutz & Anpassung an den Klimawandel) per Rechtsakt veröffentlicht werden. Im März 2020 wurden dazu Vorschläge veröffentlicht. Atomenergie als Wirtschaftstätigkeit, um die beiden genannten Ziele zu erreichen, wurde darin sinnvollerweise nicht erwähnt.

Die Atomlobby kämpft seither mit auffallend intensiven Lobbyaktivitäten dafür, dass Atomenergie (doch noch) als nachhaltig eingestuft wird. Einem Medienbericht zufolge haben sich über hundert besorgte „BürgerInnen“ bei EU-Gremien dafür eingesetzt, dass Atomenergie das Label einer klimafreundlichen Investition bekommt. 

Wir sind auch sehr besorgt! Und wir sind authentische BürgerInnen, die einer Brief-PR-Kampagne der Atomlobby gemeinsam, zahlreich und erfolgreich trotzen können! Mehrere Anti-Atomorganisationen haben länderübergreifend eine Mitmach-Aktion entworfen. Gemeinsam sind wir stark!

 

Was kannst du tun?

Es geht relativ einfach: bitte richte eine Email mit dem vorgefertigten, unten stehenden Text (natürlich gerne mit eigenen Formulierungen oder Änderungen) an die von uns vorselektierten Kommissionsmitglieder (s. AdressatInnen-Mails). Du musst lediglich den ersten Satz (besorgte Bürgerin/besorgter Bürger) anpassen. Bitte sende auch eine Kopie an uns (info@plage.at), damit wir den Überblick behalten können, wie die Aktion verläuft.
 

AdressatInnen-Mails zum Kopieren

Sehr geehrte Damen und Herren,

als aktive europäische Bürgerin/aktiver europäischer Bürger beobachte ich sehr genau, welche politischen Entscheidungen auf EU-Ebene getroffen werden, um die gegenwärtige Klimakrise abzumildern.

Ich begrüße Ihre Bemühungen, mithilfe einer EU-Taxonomie ein „grünes“ Gütesiegel für nachhaltige Finanzprodukte und Investitionen zu schaffen. Auf einer im März 2020 veröffentlichten, vorläufigen Liste technischer Bewertungskriterien wurde Atomenergie nicht erwähnt und demnach als nicht nachhaltig eingestuft. Um künftige Kapitalflüsse für Atomenergie-Projekte dennoch zu sichern, verstärkte die Nuklearindustrie ihre Lobbyaktivitäten seither zusehends.  

Ich bin entschieden dagegen, dass Atomkraft als nachhaltig eingestuft wird. Aus diesem Grund habe ich einige Eigenschaften dieser Energiegewinnungsform zusammengestellt, die weltweit einen geringen Anteil von 10,35 Prozent an der globalen kommerziellen Stromproduktion deckt. 

Atomenergie ist langsam. Die durchschnittliche Bauzeit von nuklearen Neubauten beträgt 10 Jahre. 60 Prozent aller Reaktorbauprojekte weltweit sind durch Verzögerungen gekennzeichnet. Sobald am Netz, dauert es noch Jahre, um die bei ihrem Bau entstandenen Treibhausgasemissionen auszugleichen. Die Klimakrise braucht globale Antworten in Echtzeit. Atomenergie kann buchstäblich nicht mit den notwendigen Entwicklungen Schritt halten, die eine klimaneutrale Europäische Union bis 2050 zum Ziel haben.

Atomenergie ist teuer. Der Bau und Betrieb von Atomkraftwerken wird zusehends teurer. Kein privatwirtschaftlich geführtes Energieunternehmen wagt den Neubau ohne staatliche Subventionen und Bürgschaften (aktuelles Beispiel: AKW-Neubau Hinkley Point in GB). Seit ihrem Bestehen kam und kommt Atomenergie nicht ohne staatliche Finanzhilfen und Förderinstrumente (wie etwa den EURATOM-Vertrag) aus. Würde der Energiemarkt tatsächlich dem freien Wettbewerb unterliegen, könnte Atomenergie nicht (fort)bestehen. 

Atomenergie ist schmutzig. Aufgrund ihrer intensiven, lang anhaltenden Radioaktivität und den damit verbundenen Risiken für Mensch und Natur kann Atomenergie nicht als saubere Energiequelle bezeichnet werden. Dies gilt für die gesamte Brennstoffkette: vom Uranabbau über den vermeintlichen Normalbetrieb bis hin zu radioaktiven Abfällen. Hinzu kommt das generationenbelastende Erbe des Atommülls. Trotz 70 Jahren Forschung gibt es weltweit kein einziges betriebsbereites Langzeitlager für hochradioaktiven Abfall. Wohin damit? In Ihren Garten?

Atomenergie ist gefährlich. Mit großer Verwunderung stelle ich fest, dass das einzigartige Katastrophenpotential dieser Technik erfolgreich aus dem öffentlich-politischen Diskurs verdrängt wurde. Als wäre Atomenergie eine Technik unter vielen; ihre Nutzung eine reine Abwägungsfrage im Hinblick auf eine (vielfach widerlegte) CO2-Reduktion. Dennoch: innerhalb eines kurzen Zeitraumes von 32 Jahren passierten drei Atom-Katastrophen; im Durchschnitt ein Kernschmelzereignis alle 11 Jahre. Atomenergie ist eine störanfällige Hochrisikotechnologie, deren Unbeherrschbarkeit Fukushima vor Augen geführt hat. Zudem produzieren Atomkraftwerke atomwaffenfähiges Plutonium. Die kommerzielle Nutzung von Atomenergie lässt sich von einer militärischen Anwendung nicht trennen. Das gesamte Risiko einer hochpreisigen Atomenergieoption wird somit sehr undemokratisch auf die BürgerInnen übertragen.

Aus den genannten Gründen fordere ich die Europäische Kommission nachdrücklich dazu auf, die Empfehlungen der Technical Expert Group zur Taxonomie ernst zu nehmen und an jener im März 2020 veröffentlichten Liste im Hinblick auf Artikel 9a) und 9b) per delegiertem Rechtsakt festzuhalten – ohne Atomenergie. Sie verfehlt sämtliche Eigenschaften einer nachhaltigen Investition.  


Mit besorgten und dennoch hoffnungsvollen Grüßen,